…von Slow Food im Fasching, kleinen SelbermacherInnen und gegen eine Industrialisierung des Bio-Gedankens.
Clemens Waldherr ist ein netter, ganz ein netter. Genauso wie seine Frau Brigitte und deren 5 Kinder. Trotz 30 Menschen, großen und kleinen, in der Backstube, lässt sich Clemens nicht aus der Ruhe bringen beim Krapfenbacken-Workshop. Passt somit gut, die Slow Food Initiative Burgenland und das Gemüt eines Bäckers, dem trotz intensivem Arbeitsalltag noch etwas an der Vermittlung von Werten liegt. Ich sag’s ja, der ist richtig sympathisch, der Clemens.
Das ist hier jetzt auch keine Werbung (Workshop selbst bezahlt. Mit dem Erlös wird das Projekt „10.000 Gärten für Afrika“ von Slow Food International unterstützt.), aber ich werde in Zukunft noch mehr Brot & Gebäck vom Waldherr kaufen. Ich weiß nämlich jetzt, wie es entsteht – in einer ganz kleinen Backstuben mit Geräten, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben und mit den Händen von Menschen, die das Herz am richtigen Fleck tragen. Da ist das fertige Vollkornsemmerl jeden Cent wert!
Krapfen backen mit Kindern – und noch viel mehr…
Nachdem doppelt so viele Leute, wie zunächst vorgesehen waren, am Workshop teilnehmen, redet Clemens Waldherr nicht lange herum. Er zeigt uns, wie man einen richtig guten Germteig (Hefeteig) zusammenrührt und lässt selbigen gehen. Dann sind auch schon wir an der Reihe mit dem Wuzeln, Rollen und Formen der Krapfen. Die Kinder dürfen fleißig Eier trennen & Zitronen pressen. Dazwischen sausen die Töchter & Söhne von Clemens herum, während schon fertige Krapfen mit Kaffee verkostet werden. Richtig unkompliziert. Keiner drängt sich vor – außer mir selbst mit der Kamera, jede Frage wird geduldig beantwortet und die Kinder können dabei einfach Kind sein. Kein „Fass das nicht an, geh dort mal besser weg oder Achtung, du könntest den Topf mit dem heißen Butterschmalz runterwerfen!“ Super entspannt eben.
Solltest ihr also mal selbst Gebäck oder Brot backen wollen, aus Bio-Zutaten und so wie das früher unseres Omas & Opas gemacht haben, dann kann ich euch so einen Nachmittag bei Clemens und Brigitte Waldherr nur wärmstens ans Herz legen. Ich habe natürlich gleich bei Brigitte Waldherr bzw. bei Kerstin von der Slow Food Initiative Burgenland nachgefragt, wann die nächsten Workshops geplant sind. Ich darf euch schon mal verraten, dass es dieses Jahr noch weitere Events geben wird, allerdings noch keine fixen Termine feststehen. Wahrscheinlich wird bei Waldherr Brot gebacken. Mehr Infos zu bevorstehenden Veranstaltungen findet ihr auf der Website der Vollkornbäckerei Waldherr bzw. der Facebook Seite Slow Food Burgenland.
Brigitte erzählt mir, dass Clemens nun einmal Bäcker sei, mit einem Arbeitsbeginn um Mitternacht und das Tag für Tag, denn die Kunden wollen immer frisches Gebäck. Irgendwann müsse man ja auch noch schlafen und sich gegen die zwischenzeitlich industriell gefertigten Biobackwaren durchsetzen.
Nicht alles was bio oder vegan ist, ist automatisch gut. „Es komme immer auf die Menge an!“, meint Clemens. Nicht nur beim Palmöl (das prinzipiell zum Frittieren von Krapfen aufgrund des geringen Anteils an mehrfach ungesättigte Fettsäuren ideal wäre), sondern auch bei der Gewinnung von Sonnenblumenkernöl werden große Flächen gerodet.
Fraglich ist daher, ob es so wie früher, nur rund um die Faschingszeit Krapfen geben sollte oder so wie jetzt, täglich verfügbar. Kritisch sieht Clemens auch die stark bearbeiteten Ersatzprodukte, die bei veganen Speisen zum Einsatz kommen. Wenn man beim veganen Sauerrahm (saure Sahne) aufgrund der ganzen chemischen Zusätze gar nicht mehr versteht, was wirklich drin ist, dann geht der ganze Trend an seinem eigentlich Ziel vorbei! Das hat nichts mehr mit ausgewogener Ernährung zu tun.
Krapfen backen mit Kindern – So geht’s
Doch zurück zu den Krapfen. Gemeinsam mit einem Bäcker aus Clemens‘ Team wird mit den TeilnehmerInnen ein Germteig (Hefeteig) aus Weizen und ein Teig aus Vollkorn -Dinkelmehl hergestellt. Beim Weizenmehlteig wird mit einem „Dampfl“ gearbeitet. Das ist ein Vorteig, durch den weniger Hefe zum Einsatz kommt und der Teig noch fluffiger wird. Bei der Vollkorn-Dinkelmehl-Varinate werden Mehl, Milch, die Eier und die Hefe gleich direkt zusammengerührt. Hier kommt eine große Knetmaschine oder die Muskelkraft des Bäckers zum Einsatz. Dann ist erst einmal Pause, der Teig muss eine halbe Stunde gehen.
Anschließend formen wir eine dicke Pizza aus dem Germteig und pressen die Teigscheibe mit Hilfe einer Schablone in kleine Teigteilchen. Diese werden von den Bäckern gekonnt, von den Mamas, Papas, Omas und Kindern dagegen mit ganz viel Eifer zu runden Krapfen geformt. Man arbeitet am besten mit der Handkuhle, drückt das Teigstück zunächst fest auf das Arbeitsbrett, damit es kleben bleibt und formt dann in gleichmäßig drehenden Bewegungen den Teig zu Kugeln. Ja, klingt nicht nur kompliziert, ist es auch zu Beginn!
Die fertigen Kugeln legen wir auf ein, mit Mehl bestreutes Backblech in Riesenausgabe und hören von Clemens, dass die Bäcker den Teig normalerweise im Regelbetrieb auf geölte Bleche legen, damit der Teig bei größerer Produktion zwischenzeitlich nicht austrocknet.
Krapfen backen mit Kindern – Der perfekte Rand & das richtige Öl
Dann kommen die kleinen Teiglinge auch schon ins Fett. Einmal in den Topf mit Butterschmalz (Ghee) und einmal in ein großes Becken mit Sonnenblumenöl. Das Fett muss die richtige Temperatur haben, nicht zu heiß sein, damit das gefürchtete, krebserregende Acrolein (Acrylaldehyd) nicht austritt. Perfekt ist somit ein Rauchpunkt des Fettes jenseits der 200 Grad. Das ist bei Butterschmalz und Sonnenblumenöl gegeben – bei Kokosfett übrigens auch. Weniger geeignet hingegen ist normale Butter (aufgrund des hohen Wasseranteils), Margarine oder Rapsöl (hoher Anteil von mehrfach ungesättigten Fettsäuren!).
Die Krapfen müssen im Fett schwimmen, das Fett sollte eine Temperatur zwischen 160 und 170 Grad haben (Küchen-Thermometer) und nicht blubbern. Zwei Minuten müssen die Krapfen auf einer Seite im Fett liegen bleiben, mit geschlossenem Deckel. Dann wird umgedreht, und bei geöffnetem Deckel nochmals ungefähr 2 Minuten gewartet. Jetzt noch einmal zum Stabilisieren wenden, kurz backen, mit einer Kelle herausfischen und abtropfen lassen. So erhält man diesen perfekten, hellen Rand in der Mitte des Krapfens!
Danach können es die Kinder einfach nicht mehr erwarten. Mit Küchenpapier bewaffnet rücken sie aus, schnappen sich die noch heißen Krapfen und ran an die Marillenmarmelade bzw. Powidl (Zwetschgenmus) Spritzstation. Natürlich werden die Krapfen randvoll gefüllt, sodass die Marmelade am anderen Ende gleich wieder rausläuft. Staubzucker mit einem Sieb darüber streuen und fertig ist der heiße, fettige Leckerbissen.
Ich denke, wir haben jeder mindestens 5 Stück gegessen. Das ging, weil die Krapfen eher klein geraten sind und selbst gemacht einfach am besten schmeckt. Caspar, unser süßer Großer, durfte ausnahmsweise so richtig zuschlagen. Ich bin jetzt noch verwundert, dass ihm danach nicht schlecht war!
Krapfen backen mit Kindern – Rezept in 2 Varianten
Hier noch das Rezept – einmal die Weizenmehlvariante mit Vorteig und einmal die „wir-mischen-alles-gleich-zusammen“ Variante mit Vollkorn-Dinkelmehl (Angaben jeweils für circa 6 Stück Krapfen, sorry ich musste die angegebene Menge durch 10 dividieren, wir haben beim Workshop jeweils 60 Stück gemacht)
Bio Krapfen aus Weizenmehl mit Vorteig
Vorteig
- 50 g Weizenmehl
- 55 g Milch
- 10 g Hefe
Teig
- 115 g Vorteig
- 110 g Weizenmehl
- 20 g Zucker (kann man aber auch ganz weglassen laut Clemens)
- 28 g Butter
- 16 g Eigelb
- 10 g Ei ganz
- Eine Prise Salz
- 0,6 g Rum
- 0,2 g Zitronenzeste und/oder Vanille
Alle Zutaten zimmerwarm!!!
- Für den Vorteig Hefe in zimmerwarmer Milch auflösen, mit Mehl verrühren und 30 min an einem warmen Ort gehen lassen.
- Restliche Zutaten zum Vorteig geben und per Hand oder mit einer Küchenmaschine zu einem fertigen Teig kneten. Anschließend zudecken und an einem warmen Ort 30 min gehen lassen.
- Teig zu kleinen Handteller großen Kugeln formen, auf ein bestaubtes Backpapier legen, zudecken und nochmals kurz ruhen lassen.
- In heißem Fett (160-170 Grad), wie oben im Text beschrieben, backen.
- Danach abseihen, abtropfen lassen, mit Marmelade füllen und zuckern oder in Streusel (Kokos, Mohn, Schoko) wälzen.
Bio Krapfen aus Vollkorn Dinkelmehl
- 160 g Dinkelvollkornmehl
- 24 g Milch
- Eine Prise Salz
- 14 g Hefe
- 25 g Honig (kann man aber auch weglassen laut Clemens)
- 25 g Butter
- 20 g Eier ganz
- 20 g Eigelb
- 0,6 g Rum
- 0,2 g Zitronenzeste und/oder Vanille
Zubereitung wie Weizenmehlteig, ab Schritt 2 (Vorteig weglassen)
Ich habe bei Clemens auch noch bzgl veganer Variante nachgefragt. Er hat gemeint, das ginge auch. Statt Milch nur Wasser nehmen und Eier einfach weglassen. Allerdings sei das zu Hause eine ziemliche Spielerei und man müsse ganz genau auf die Temperaturen & Zeiten achten. Also nicht so einfach, besser die von Waldherr kaufen. Die kommen, so meinte Clemens, jedenfalls richtig gut an. Und ich glaube ihm das einfach mal.
Unsere Großeltern, erzählte er am Schluss noch den Kindern, hätten Krapfen früher nur ungefähr 2 Mal in Jahr gebacken, in großer Menge, in einem Weidling (Gefäß aus Metall) gelagert und mit einem Geschirrtuch bedeckt, wurden die Krapfen dann die ganze Woche über gegessen. Und die schmeckten, weil es etwas Besonderes war, das es eben nur 1-2x im Jahr gab, auch am dritten Tag noch richtig gut.
Das hat mich an meine eigene Oma denken lassen, die hat auch noch selbst in ihrer Küche Krapfen gebacken, einmal im Jahr für uns Kinder und am dritten Tag, wenn sie schon etwas fester waren in Milch oder ihren Nachmittagskaffee getunkt. Genauso wie ihren selbstgebackenen Striezel und die am Heizkörper aufgebackenen, mehrere Tage alten Semmeln.
Das habe ich dann den Kindern erzählt, als ich am nächsten Tag im Auto, einen nur einmal angebissenen Krapfen von der Midi gefunden habe – den musste sie unbedingt am Ende des Workshops noch verkosten – dann aber auf der Heimfahrt eingeschlafen war und so den Krapfen im Auto verloren hatte.
Lebensmittel sind kostbar, vor allem wenn man sie selbst macht und dementsprechend sollten wir nur so viel davon produzieren und essen, wie uns gut tut und wir auch wirklich essen können. Unendlich schade drum, wenn ein Großteil davon einfach im Mistkübel landet. Das habe ich als Mama definitiv mitgenommen, abseits der 2 Kilo mehr auf den Hüften, beim Vollkorn-Bio-Bäcker Waldherr. Und, wenn ich im Jänner super unnachhaltig Erdbeeren kaufe, darf ich mich auch nicht wundern, wenn mich die Kinder darauf hinweisen, dass die jetzt aber wirklich nicht Saison haben!
Wer probiert es aus – Krapfen selber backen mit den Kindern bzw. wer will nun auch Clemens und seine Familie im burgenländischen Eisenstadt besuchen und gemeinsam mit ihm backen?
Noch so ein nachhaltiger – der Adamah Biohof im Marchfeld! Hier weiterlesen, bald geht es ja wieder ran an das Gemüsebeet.
Dieser Beitrag enthält unbezahlte & nicht beauftragte Werbung!
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